An jedem 1. Mittwoch im Monat um 19 Uhr: Onlinemeditation „Die geistige Welt spricht.“ via Zoom. Anmeldung zur kostenfreien Schnuppermeditation per E-Mail unter info@martinavormwald.de

Lars hat Mama und Papa lieb

Psychische Probleme (1024 × 102 px)

„Schlaf gut, mein Großer!“ Als Lars gerade die Tür des klapprigen Volvos seines Vaters schließen wollte, fügte dieser hinzu: „Bitte erzähl Mama nicht davon, wieviel Computer wir gespielt haben!“ „Keine Sorge!“, erwiderte Lars genervt und warf die Tür zu.

Mit hängendem Kopf ging er auf die Haustür zu. Er liebte die Wochenenden bei seinem Vater sehr. Er freute sich jetzt schon wieder auf das in zwei Wochen, wenn sie sich wieder sehen würden. Sein Vater war wie sein bester Freund. Sie unternahmen so viel, wenn er bei ihm war. Sie zockten Computer, gingen ins Erlebnisschwimmbad und aßen, worauf sie Lust hatten. Es war jedes Mal herrlich.

Nur das was jetzt kommen würde, war alles andere als herrlich. Er schloss die Tür auf und zog seine Schuhe aus. Seine Mutter stand in der Küchentür und musterte ihn von oben bis unten. „Hallo Lars, na wie war es bei Papa?“, ohne eine Antwort abzuwarten, schossen Lars die üblichen Fragen um die Ohren. „Was habt ihr unternommen? Was hast du gegessen? Hast du genug geschlafen?“ Lars war genervt. Immer das Gleiche. Sie suchte nur einen Grund, über Papa zu schimpfen. Deshalb versuchte er ihr möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Die beste Strategie war möglichst wenig Worte zu verlieren und direkt in sein Zimmer abzutauchen. „Papa hat gut gekocht und wir waren gemeinsam wandern.“ Darauf wusste seine Mutter nicht viel zu erwidern außer: „Ah, da hat der Herr sich mal angestrengt und hat seinem Sohn etwas gekocht, so wie ich das jeden Tag tue. Wie pflichtbewusst!“

Lars verschwand unter Vermeidung von Blickkontakt mit einem „Gute Nacht, Mama!“ in seinem Zimmer. Er fühlte sich schlecht dabei, seine Mutter anzulügen und er wusste es war falsch. Er konnte es aber nicht ertragen, wenn sie schlecht über seinen Vater sprach. Es zerriss ihm förmlich das Herz.

Seit mittlerweile 3 Jahren geht das schon so. Alles begann damit, dass Lars Eltern sich immer mehr stritten. Es war manchmal unerträglich für ihn, als wäre dieser Streit nicht nur im Außen bei seinen Eltern, sondern als würde er gleichzeitig in ihm stattfinden. Besonders furchtbar war es, wenn sie sich laut anbrüllten.

Nach ein paar Monaten verstummten diese Streitigkeiten und Lars sah, wie schlecht es seiner Mutter ging. Sie weinte nur noch, hatte Ränder unter den Augen und aß fast nichts mehr. Seine Mutter und sein Vater sprachen nicht mehr miteinander. Lars wusste, etwas schlimmes war passiert, aber keiner redete mit ihm darüber.

Schließlich kam der Abend den Lars nie vergessen würde. Seine Eltern baten ihn zu sich ins Wohnzimmer, sie wollten mit ihm über etwas wichtiges sprechen. Seine Mutter weinte und sein Vater hatte einen betretenen Gesichtsausdruck. Papa atmete tief durch und begann dann zu sprechen: „Lars, wir müssen dir leider sagen, dass wir uns trennen. Ich werde morgen ausziehen.“

In diesem Moment brach für Lars eine Welt zusammen. Waren die Streitigkeiten und das Schweigen auch schon schlimm gewesen, war das jetzt das Schlimmste was sich Lars hätte vorstellen können! Keiner hatte mit ihm darüber geredet oder ihn nach seiner Meinung gefragt, das wurde einfach über seinen Kopf hinweg beschlossen und ihm jetzt hier präsentiert. Zu der Traurigkeit mischte sich eine unbändige Wut über diese Ungerechtigkeit. Was sollte das alles nur?

Lars konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, was er von sich gab. Er wusste nur, dass er immer wieder ganz laut brüllte: „Warum? Warum? Warum?“ Er konnte und wollte das alles nicht verstehen. Tränen liefen über seine Wangen. Seine Mutter begann laut zu schluchzen und sein Vater rang nach Worten: „Ich habe einen großen Fehler gemacht, den Mama mir nicht verzeihen kann und deshalb muss es leider sein.“ Lars konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, was das für ein großer Fehler sein konnte. Wie war das alles nur möglich? Für ihn war dies wie ein schlimmer Alptraum.

„Beruhig dich bitte mein Großer! Wir sehen uns ganz oft! Versprochen!“, beschwichtigte sein Vater ihn. Doch das half recht wenig. Lars verstummte und wurde blass. Er ging in sein Zimmer und wollte niemanden sehen.

Letztes Jahr im Herbst hatte Lars dann ein Telefonat seiner Mutter mit einer Freundin angehört. Seine Mutter dachte, er würde bereits schlafen. Sie erzählte davon, dass sein Vater wohl eine andere Frau gehabt hatte. Damals wurde Lars auch klar, warum Mama kein gutes Haar an Papa lassen konnte und so verletzt war.

Auch wenn er seine Mutter irgendwie verstehen konnte, so fühlt es sich doch für Lars an, als würde sie auf einen Teil von ihm schimpfen und nicht nur auf seinen Vater. Es war für ihn unerträglich, wo er doch beide, seine Mutter und seinen Vater, so lieb hatte.

Er lag auf seinem Bett und kämpfte mit seinem schlechten Gewissen. Er belog seine Mutter nicht gerne. Trotzdem war es einfacher als ihre Schimpfereien zu ertragen. Er fühlte sich ganz aufgewühlt und sein Magen krampfte sich zusammen. Plötzlich fuhr ein heftiger Schmerz hinein und das gesamte Fastfood, das er sich mit Papa reingezogen hatte, durchlief seinen Verdauungstrakt rückwärts und verteilte sich auf dem Boden.

„Oh nein!“ Gerade beugte er sich noch über seinen Papierkorb als die nächste Ladung kam. Ihm wurde von dem Geruch noch schlechter. Als er gerade seinen Kopf aus dem Papierkorb heraus manövrieren wollte, spürte er einen eiskalten Luftzug an seiner linken Wange, was ihn etwas irritierte. Er blickte sich um, Fenster und Tür waren geschlossen. Als er sich gerade überlegte, wie er den Boden aufwischen sollte, ohne dass seine Mutter etwas davon mitbekam, spürte er wieder einen Luftzug, diesmal an der rechten Wange.

Was war das nur? Er blickte aufgeregt um sich. Als er wieder zurücksah auf seine Wand, an der gerade noch sein Schreibtisch gestanden war, war diese einfach verschwunden. Stattdessen stand dort ein riesiger Zug aus dessen Schlot weißer dicker Nebel kam. Lars befand sich tatsächlich mit einem Mal auf einem zugigen Bahngleis. Vor ihm eine riesige Dampflokomotive, die in allen Farben schimmerte und strahlte. Eigentlich veränderte sie sogar ihre Farbe permanent. Diese Farben faszinierten Lars so sehr, dass er zuerst gar nicht über die Tatsache nachdenken konnte, dass er plötzlich nicht mehr in seinem Zimmer war. Diese Farben waren so strahlend, so durchdringend und so wunderschön, ganz anders als die, die er bisher kannte. Er war sich sicher, dass sie nicht von dieser Welt waren.

Hinter der Lok waren ganz viele Waggons angehängt, die alle leer waren, aber in den gleichen Farben schimmerten. Lars hatte hier einen riesigen Güterzug vor sich stehen.

Vertieft in sein Staunen bemerkte Lars nicht, dass er die ganze Zeit vom Lokführer des Zuges beobachtet wurde. „Schön, ist der Zug nicht wahr?“ Lars zuckte zusammen, erst jetzt erblickte er den älteren Herrn im Führerstand. Er schaute Lars lieb an, lächelte und reichte ihm die Hand. „Komm hoch! Ich will dich mitnehmen.“ „Was?“, entfuhr es Lars. „Ich kann doch nicht einfach mitfahren, meine Mama macht sich sonst Sorgen um mich.“ „Mach dir keine Gedanken, deine Mama weiß, dass du hier gut aufgehoben bist.“, beruhigte ihn der Lokführer und lachte leise. Sein Gesicht verzog sich in viele feine Falten und Lars war von der Ausstrahlung des Mannes fasziniert. Es ist fast so, als würde er in mich hineinstrahlen, dachte Lars unwillkürlich. Gleichzeitig musste er sich über seinen eigenen Gedanken innerlich wundern, weil das doch gar nicht sein konnte. Ehe sich Lars versah und eigentlich konnte er sich auch gar nicht daran erinnern, seinen Arm dem Mann entgegengestreckt zu haben, packte ihn der Mann fest am Arm und zog ihn schnell aber ungewöhnlich sanft auf die Lok.

„Wo fahren wir hin?“, fragte Lars noch verwirrt von dieser Begebenheit.

„Wir gehen auf eine Reise zu dir selbst“, rief der Mann ganz laut und überschwänglich in die leere Bahnhofshalle. „Gut festhalten!“.

Der Zug setzte sich mit einem Ruck in Bewegung. Lars kam ins Schwanken und suchte Halt an der Wand der Lok. Als er seine Hand an die Wand legte, flossen die Farben der Lok in diese hinein. Das Spektakel verzauberte ihn so sehr, dass er gar nicht mitbekam, wie die Lok aus dem Bahnhof hinausfuhr. „Schau dich um Lars, sonst verpasst du das Beste.“ Lars musste mit etwas Anstrengung seinen Blick von der Lok lösen und erkannte dann erst, dass er keinen Himmel sehen konnte. Über ihnen war ein riesiges Gewölbe aus Stein, das sich hoch über ihnen in viele Bögen teilte. Der Zug rauschte darunter hinweg, immer tiefer wie es schien, in ein Bergwerk hinein. Zu beiden Seiten der Fahrstrecke waren massive Felswände in denen Lars Edelsteine erahnen konnte, sie blitzten und funkelten, wie Sterne im Nachthimmel. Vor ihnen konnte er nur so weit sehen, wie die Farben der Lok leuchteten. Es sah aus als würden sie in einen schwarzen Tunnel hineinrauschen, der immer weiter in die Tiefe führte.

„Eigentlich müsste ich jetzt doch Angst haben“, stellte Lars innerlich fest, aber irgendetwas in ihm, war so vertraut mit dieser Umgebung, war so glücklich all das wiedersehen zu dürfen, dass ihn die ganze Situation nicht mehr losließ und er es kaum erwarten konnte, das Ende der Strecke zu erreichen. Er wusste ganz tief in sich, es wartete dort etwas, was ihn endlich wieder mit sich selbst verbindet und ihm etwas zurückgeben kann, was er schon so lange vermisste.

Schließlich betrachtete Lars den Lokführer ganz genau. Obwohl es so schien, als würde er konzentriert die Strecke fokussieren, fühlte sich Lars von seiner Aufmerksamkeit und von einer Liebe umhüllt, die von diesem Mann ausgingen. Er konnte sich das nicht erklären, aber auch das war ihm vertraut. Als würde er diesen Mann schon viel länger kennen, als es ihn selbst gab. Bei dem Gedanken schüttelte Lars mit dem Kopf. „Das kann doch gar nicht sein!“, musste er laut gesagt haben, weil der Lokführer ihn plötzlich anblickte und wieder sein Faltenlächeln aufsetzte. Lars schämte sich fast ein bisschen. Konnte dieser Mann etwa seine Gedanken lesen?

„Ja, Lars ich kann tatsächlich deine Gedanken lesen.“ Lars blickte ungläubig zu ihm hoch. „Es liegt daran, dass ich ein Teil von dir bin. Ich bin so etwas wie ein Lehrer, der dich im Inneren immer begleitet.“ Obwohl das für Lars mehr als absurd klang, spürte er die tiefe Wahrheit dahinter. Und als er diese Wahrheit voll und ganz realisierte, wurde Lars mit einem Mal stinksauer. „Wo warst du als Mama und Papa sich getrennt haben und es mir so schlecht ging? Weshalb hast du mir nicht geholfen?“ „Lars, das wird sich alles zeigen, wenn wir angekommen sind.“

Lars war mir dieser Antwort überhaupt nicht zufrieden. Mit einem eingeschnappten Blick und verschränkten Armen starrte er in das Dunkel des Bergwerks hinein, in das sie immer tiefer hineinfuhren.

Urplötzlich rasten sie auf eine riesengroße Halle zu, in deren Mitte das Gleis abrupt endete. Der Zug machte eine schrillquietschende Vollbremsung. Lars wäre fast aus dem Zug geschleudert worden, wenn ihn der bärtige Mann nicht im letzten Moment am Kragen festgehalten hätte. „Da sind wir!“, verkündete er freudestrahlend.

Lars rieb sich die Augen. Sie standen mitten in einer riesigen unterirdischen Halle, in der es überaus geschäftig zuging. Er sah hunderte, wenn nicht tausende kleiner Bergarbeiter. Alle waren sie schwer beschäftigt. Manche schleppten Säcke, andere transportierten Edelsteine in kleinen Loren. Wieder andere liefen mit Harken über der Schulter in die unendlich vielen kleinen dunklen Tunnel, die von der Halle abzweigten. Manche sangen, andere schimpften. Manche zankten sich sogar und wieder andere saßen auf dem Boden und machten ein Päuschen.

Mitten in dem ganzen Treiben stand Lars und wunderte sich über diese vielen kleinen bärtigen Zwerglein, die sogar Zipfelmützen trugen und rote Pausbäckchen hatten. Jedes für sich sah aus wie ein kleiner Weihnachtsmann. Lars dachte automatisch an den Nordpol und Elfen.

Plötzlich hörte Lars die Stimme des Lokführers in seinem Kopf: „Die sind wieder so beschäftigt und kriegen nichts mit! Bitte erschrecke nicht, ich muss uns Gehör verschaffen.“ Kaum hatte Lars diese Worte verstanden, schrillte die Stimme des Lokführers wie aus 1000 Sirenen durch die gesamte Halle.

„Alle aufgepasst! Lars ist da!“ Das geschäftige Treiben verstummte sofort. Alles blickte auf Lars. Für Lars war das im ersten Moment unangenehm. Er war eigentlich nicht jemand, der gerne im Mittelpunkt stand. Auch in der Schule und bei seinen Freunden war er sehr zurückhaltend und eher schüchtern. Lars schaute in die Menge und sah, wie einige der Bergleute plötzlich losrannten. Die anderen traten zur Seite bildeten kleine Wege, durch die die Sprinter hindurchlaufen konnten. Manche schoben Loren vor sich her, wieder andere trugen schwere Säcke. Alle hatten ein Ziel, sie wollten zur Lok und zu Lars.

Als sie vor der Lok ankamen, fragte Lars innerer Lehrer: „Habt ihr alles dabei?“ Alle Zwerge nickten. Mit einer einladenden Handbewegung deutete der Lokführer, das Lars nach unten zu ihnen gehen solle. Der etwas eingeschüchterte Junge stieg von der Lok hinab und bemerkte jetzt erst, dass diese Bergleute ihm nur bis zum Bauchnabel reichten.

Die Männlein schoben die Loren und trugen die Säcke zu Lars. Sie öffneten sie und enthüllten damit Berge von Edelsteinen und Gold. Sie kippten alles vor Lars Füßen aus. Dieser blickte staunend auf diese wunderschön glitzernden und blinkenden Steine. Er war vollkommen hingerissen von diesem Glanz. Die Steine leuchteten von Innen heraus in Farben, die er noch nie so wahrgenommen hatte. Lars wurde es warm ums Herz, es war fast als würden die Strahlen aus den Steinen in ihn hineinleuchten. Sie erzeugten Gefühle der Wärme und Geborgenheit in ihm, so als würde er sich in eine wohligwarme Decke einhüllen und dabei eine Schale warmen Kakao trinken.

Ein Männlein trat aus der Masse heraus und begrüßte Lars wie einen alten Freund. „Hallo Lars, schön dich zu sehen! Bitte erinnere dich daran, wie wunderbar du bist!“ Es zeigte auf all die Schätze. „Was du in deinem Leben für Kostbarkeiten zusammengetragen hast, sieh sie dir an. Sind sie nicht wundervoll?“ Lars schaute ihn fragend an. „Geh mal näher hin und sieh in die Steine hinein!“, erwiderte das Männlein auf seinen Blick.

Lars trat sofort näher und sah plötzlich Menschen in den Steinen. Es wirkte wie kleine Videofilme, die sich darin immer wieder abspielten. In einem Stein konnte Lars deutlich seine Mutter erkennen, wie sie ein Baby im Arm hielt und es ganz liebevoll in den Schlaf wiegte. Lars vermutete, dass er das sein musste, denn er hatte viele Bilder gesehen von sich als er ein Baby war. Lars spürte dieses Gefühl, wie wohl er sich im Arm seiner Mutter gefühlt hatte und wie froh er war, endlich bei ihr zu sein, als hätte er darauf lange gewartet. In einem anderen Edelstein konnte er seinen Vater erkennen, wie er ihn von der Straße aufgehoben hatte. Lars blutete an beiden Knien und brüllte vor Schmerzen, er war ungefähr 5 Jahre alt. Er fühlte, welch ein Trost es für ihn war, dass sein Vater ihn in die Arme geschlossen hatte. Ein Gefühl einer tiefempfundenen Liebe zu seinem Vater überschwappte Lars förmlich. So blickte Lars in die verschiedenen Edelsteine erkannte Szenen aus seinem Leben. An manche erinnerte er sich, an manche nicht. Im Gefühl gehörten sie alle klar und deutlich zu ihm. Bis Lars an einem ganz besonderen Erlebnis angekommen war. Er wusste sofort, worum es hier ging. Er sah seine Mutter am Meer barfuß durchs Wasser laufen. Sein Vater und er rannten zu ihr hin und schlossen sie gemeinsam in die Arme. Lars konnte die Liebe zwischen seinen Eltern spüren, so echt und so intensiv. Das war der Nordseeurlaub im Sommer bevor er in die zweite Klasse kam.

Er konnte sich an diese Erfahrung genau erinnern.

So schön die Erinnerung gerade noch war, so schnell schlug sie in einen tiefen Schmerz um. Lars fiel auf die Knie und begann bitterlich zu weinen. Damals war die Welt noch in Ordnung, sowohl im Außen als auch im Innen. Jetzt ist alles was ihm wichtig war auseinandergebrochen. Die Bergmännlein standen ganz still da und beobachteten Lars Zusammenbruch. Auch bei ihnen glitzerten kleine Tränen in den Augen. Ab und zu huschte eine über eine der roten Pausbäckchen. Lars Lehrer legte ihm eine Hand auf die Schulter. Lars spürte sofort, wie es ihm leichter wurde ums Herz.

„Wie konnte es nur so weit kommen? Ich habe doch gerade gespürt, wie sehr sie sich geliebt haben, warum haben sie sich getrennt?“, Lars schluchzte laut und sah seinen Lehrer an. „Du hast Recht, sie hatten sich sehr lieb.“, entgegnet dieser ihm sanft. „Es war auch für sie ganz schwierig einander loszulassen und dir damit diesen Schmerz zuzufügen. Sie konnten aber nicht anders.“ „Warum konnte einfach nicht alles so bleiben, wie es war?“

„Lars, um dir das zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen. Bevor du in deinen Körper im Bauch deiner Mama geschlüpft bist, warst du eine Seele, die sich vorgenommen hat, auf die Erde zu kommen, um bestimmte Erfahrungen zu machen. Erfahrungen, die du als Seele in den seelischen Welten nie hättest machen können. Eine Seele ist so etwas wie eine feine Energie fast wie ein Nebel und wenn sie sich dazu entschließt auf die Erde zu kommen, dann geht sie ganz bewusst in den Körper eines Babys hinein und wird geboren. Sie sucht sich ihre Eltern aus und freut sich auf sie. Außerdem überlegt sie sich schon vorher ganz genau, was sie erleben möchte und welche besonderen Talente sie in die Welt bringen möchte. Du hast dir deine Eltern bereits als Seele weit vor deiner Geburt ausgesucht und die Seelen deiner Eltern haben sich bereit erklärt, dich als ihr Kind anzunehmen. Die Seelen deiner Eltern haben sich aber auch dafür entschieden, die Erfahrung zu machen sich zu trennen und diesen Schmerz zu fühlen.“

Lars hatte aufmerksam zugehört und obwohl das für ihn etwas ganz Neues war, wusste er sofort, dass jedes Wort stimmte, was sein innerer Lehrer gesagt hatte. Eine Sache verstand er jedoch nicht. „Aber haben sie sich nicht mal Gedanken um mich gemacht und wie es mir damit geht? Keiner hat mich gefragt!“ Dicke Tränen kullerten über Lars Wangen. „Lars, ich möchte dir etwas zeigen.“ Der Lokführer nahm ihn an die Hand und führte ihn zu Kristallen, die etwas abseits abgestellt wurden. „Sieh hinein!“

Lars sah seine Mutter zusammengekauert auf dem Sofa sitzen, er fühlte ihren Schmerz kurz nach der Trennung von seinem Vater, jedoch war sie in Gedanken nur mit Lars beschäftigt. Er fühlte, dass diese Trennung wichtig war für seine Mutter. Sie war für sie sogar eine Erleichterung. Was es ihr so schwer machte, waren ihre Vorwürfe, die sie sich machte wegen ihres Sohnes. Sie fühlte sich schrecklich, weil sie ihrem Sohn kein heiles Familienleben mehr bieten konnte.

Nun zog eine andere Situation die Aufmerksamkeit von Lars auf sich. Er sah seinen Vater in seiner Wohnung sitzen, ganz allein. Sein Vater weinte. Lars erschrack, weil er seinen Vater noch nie hatte weinen sehen. Lars fühlte seine unendliche Traurigkeit darüber, nicht mehr bei seinem Sohn leben zu können. Auch wenn er sich sicher war, Lars bei seiner Mutter gut aufgehoben zu wissen. Er vermisste seinen Sohn schrecklich. Klar und deutlich wurde Lars hier gezeigt, dass für seinen Vater die Trennung auch ein wichtiger Schritt war. Sie half ihm sich weiterzuentwickeln und für seine Seele weitere Erfahrungen zu sammeln.

Lars verstand in diesem Moment alles, was passiert war und warum es so kommen musste. Er sah nun seine Eltern mit anderen Augen und spürte zum ersten Mal seit ihrer Trennung, wie sehr sie ihn liebten. Er fühlte sich nicht mehr alleingelassen, sondern er fühlte, dass er das Wichtigste in ihrem Leben war und immer sein würde. Nun lösten sich auch die Krämpfe in seinem Bauch und sein Körper konnte tief durchatmen. Eine Erleichterung stellte sich ein und seine Tränen versiegten.

Mit einem Mal ging ein Raunen durch die Menge der Bergleute. Manche lachten herzhaft, andere fingen an zu tanzen. Wieder andere riefen: „Jetzt hat er es verstanden!“

Lars blickte zu seinem inneren Lehrer hinauf: „Danke, dass du mir das gezeigt hast!“ Dieser nickte nur stumm mit einem wohlwollenden Grinsen auf den Lippen.

Plötzlich verschwamm die ganze Szenerie vor Lars Augen und er sah kurz, wie sein Körper schlafend auf dem Boden seines Zimmers lag. Bevor er das richtig realisieren konnte, wachte er auch schon auf und spürte den harten Holzboden unter sich.

Sofort lief er zu seiner Mutter und umarmte sie so fest er nur konnte. Lars Mama blickte ihn ganz verwirrt an und wischte ihm die Spucke aus dem Gesicht. „Was ist denn los, Lars? Ist alles in Ordnung bei dir? Hast du etwa gebrochen? Geht es dir gut?“

„Ja, Mama es ist alles gut. Mach dir keine Sorgen! Ich wollte dir sagen, wie lieb ich dich habe und dass ich jetzt verstehe, warum Papa und du, warum ihr euch getrennt habt. Das war für euch die beste Entscheidung, weil es euch damit besser geht. Ich dachte immer, ihr habt mich nicht mehr lieb. Keiner hat mich damals gefragt! Aber ich weiß jetzt, wie schwer es euch gefallen ist, gerade weil ihr mich so lieb habt. “

Seine Mutter riss die Augen weit auf und kam aus dem Staunen über diese tiefe Weisheit ihres Sohnes und sein Verständnis für sie und seinen Vater nicht mehr heraus. Dieses Verstehen ging tief über Worte hinaus. Es war für sie als könnte er in ihre Gefühlswelt hineinsehen. Gleichzeitig machte er ihr dabei bewusst, warum sie sich so erleichtert gefühlt hatte, als die Trennung über die Bühne gegangen war.

Als Lars das nächste Mal bei seinem Vater war, schloss er diesen genauso herzlich und freudvoll in die Arme. „Papa, du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen. Es ist schon alles in Ordnung, so wie es ist.“ Seinem Vater stiegen Tränen in die Augen, weil er durch die Äußerungen seines Sohnes von einer schweren Last erlöst wurde. „Papa, du darfst auch ruhig weinen. Ich vermisse dich auch oft!“ Sie schlossen sich beide in die Arme und weinten ein paar Minuten gemeinsam, dann beschlossen sie das gemeinsame Wochenende bestmöglich zu nutzen und den neuen Freizeitpark zu erkunden.

Seitdem konnten Lars Eltern wieder miteinander sprechen, ohne sich ständig Vorwürfe zu machen. Manchmal lächelten sie sogar dabei. Immer wieder staunten sie über ihren Sohn, wie positiv er geworden ist und wieviel Freude er verbreitet, in dem er den tieferen Sinn hinter den Geschehnissen erkennt und ihnen aufzeigt. Für beide ist eine große Dankbarkeit dafür entstanden, ihren Sohn zu haben. Diese Dankbarkeit verbindet sie für immer.

Lieber Zuhörer dieser Geschichte,

leider geschehen manchmal Dinge, die sich keiner gewünscht hat. Diese Dinge sind manchmal fast nicht zum Aushalten.

Eine Möglichkeit, damit besser umzugehen, ist zu erkennen: All das trägt ein Lernen und ein Wachstum in sich!

Aus diesem Lernen und dem Wachstum entstehen Schätze in Form von neuen Fähigkeiten, Liebe, Dankbarkeit, Wertschätzung und vielem mehr.

Finde deine eigenen Schätze!

Viel Vergnügen dabei!

Diese Geschichten könnten dir auch gefallen:

Achtsamkeit

Lars hat Mama und Papa lieb

„Schlaf gut, mein Großer!“ Als Lars gerade die Tür des klapprigen Volvos seines Vaters schließen wollte, fügte dieser hinzu: „Bitte erzähl Mama nicht davon, wieviel

Weiterlesen »